Während
wir Nachrichten lesen und hören, fragen wir uns, wie es wohl in San
Nicolas aussieht. Da kommen zwei sms herein ... drei: draussen stürmt
Irma, drinnen wird gebastelt für das Erntedankfest in Solothurn.
NZZ am Morgen, 10. Septeber 2017
von Peter Gaupp, San José de
Costa Rica, 20:10 Uhr
"Hurrikane
sind launisch: Hatte die Prognose am Donnerstag noch gelautet, «Irmas» Auge
werde an der langen Nordküste Kubas vorbeiziehen und damit die Insel knapp
verschonen, wurde das Land in den beiden folgenden Tagen in den Provinzen
Camagüey, Ciego de Ávila, Villa Clara und Sancti Spíritus doch vom Sturm direkt
getroffen. Die Schäden im grössten Inselstaat der Region sind enorm. Laut dem
offiziellen Wetterdienst wurde das Küstengebiet zwischen Matanzas und Havanna
von anhaltenden Winden bis 195 km/h und Sturmfluten bis 9 Metern Höhe
heimgesucht. Überschwemmungen gab es, auch wegen der starken Regenfälle, im
ganzen Staatsgebiet, und grosse Teile des Zentrums und des Ostens der Insel
sind demnach ohne Stromversorgung.
Massive Evakuierung
Todesopfer hat es auf Kuba freilich nicht gegeben. Dies ist der gut
eingespielten Katastrophenvorsorge des Regimes zu verdanken. Fast 1,5 Millionen
Menschen, unten ihnen mehr als 50 000 ausländische Touristen, waren aus den am
meisten gefährdeten Küstengebieten in Notunterkünfte evakuiert worden – wobei
die Betroffenen hier nicht die Wahl hatten, ob sie den Anweisungen der Behörden
folgen wollten oder nicht.
Enorm sind
auf Kuba indessen die unmittelbaren und längerfristigen Schäden, vor allem für
den blühenden Tourismus und die in Dauerkrise befindliche Landwirtschaft. Die
der Nordküste vorgelagerten idyllischen Inselketten (cayos) wurden vom Sturm
verwüstet, Hotels zerstört, Zufahrtsstrassen beschädigt, die Landschaft und
Sandstrände verstümmelt. Besonders in Mitleidenschaft gezogen wurde der
grössere Fischerort Caibarién etwa 330 Kilometer östlich von Havanna, der als
«villa blanca» bei den Besuchern beliebt ist. Schäden gab es auch im
traditionellen Badegebiet von Varadero. Laut offiziellen Angaben hat «Irma» die
Landwirtschaft im ganzen Land geschädigt. Sie vermag, durch das Zwangskorsett
der castristischen Ideologie behindert, ohnehin die Bevölkerung des überaus
fruchtbaren Landes nicht zu ernähren. Erholung und Wiederaufbau nach
Naturkatastrophen sind durch Bürokratie und Mangelwirtschaft behindert; dies
zeigte sich nach den letzten Hurrikanen – «Sandy» 2012 und «Matthew» 2016:
Bisher sind von den 8300 durch «Matthew» beschädigten Wohnstätten erst knapp
200 ganz wiederhergestellt worden."
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